Historie

Von Zünften, Gilden und Bruderschaften

Von Zünften, Gilden und Bruderschaften - Maler- und Lackiererinnung Cottbus

Die ersten Anfänge der Malerei bei den alten Griechen und Römern inspirierten bereits Carl Koch in seinem Lehr- und Nachschlagewerk „GROSSES MALERHANDBUCH”. Er verweist u. a. darauf, dass im Laufe der Jahrhunderte verschiedene Organisationsstrukturen des Handwerks existierten: Gilden und Zünfte beispielsweise. Doch zunächst einmal entstanden Brüderschaften. Sie waren eine Art religiöser Zweckverband und wurden zuweilen auch Zeche genannt. Verschiedene Malerbrüderschaften sollen unter dem Namen „St. Lukasgilden” bekannt geworden sein.

Erst später entstanden Zünfte. Sie hatten die Aufsicht über die auf den Markt gebrachten Erzeugnisse, verlangten den Nachweis der Tüchtigkeit eines Handwerkers durch Ablegung eines Meisterstücks, regelten den gewerblichen Nachwuchs, verhinderten das Entstehen von Großbetrieben durch die Festlegung einer gewissen Anzahl von Gesellen, die ein Meister einstellen durfte. Auch kauften die Zünfte Material gemeinschaftlich ein (Genossenschaften), bestimmten die Arbeitsmethoden, setzten die Preise fest und nahmen die Organisation des Absatzes in die Hand. Die Maler wohnten wie auch die meisten anderen Handwerker in Straßen zusammen. Was sich zunächst als nützlich erwies, wuchs dann zu einem regelrechten Zunftzwang aus, war bald weder fortschrittlich noch zeitgemäß zu nennen. Erst die Erteilung der Gewerbefreiheit Mitte des 19. Jahrhunderts beseitigte die veralteten und oft hemmenden Vorschriften des Zunftzwanges.

Auf den Spuren der Cottbusser Malerinnung

Für die Cottbuser Innung ist nachzuvollziehen, dass sie Ende des vergangenen Jahrhunderts entstanden ist. Diesen Rückschluss lässt eine Eintragung im "Goldenen Buch" der Innung zu, das aus dem Jahre 1885 stammt und bis heute erhalten blieb.
Und da steht es dann schwarz auf weiß: Der 1. Dezember 1885 ist das Gründungsjahr für die ,Malerinnung zu Cottbus". Ein Cottbuser Malerverein existierte bereits seit 31. März 1878, aus dem sich im zweiten Jahr seines Bestehens, am 15. Februar 1879, der „Niederlausitzer-Maler-Innungs-Unterverband bildete.
Schon damals wurden „Malertage” und sogar „Fachausstellungen” durchgeführt. Umfangreiche Recherchen im Cottbuser Stadtarchiv brachten darüber hinaus interessante Fakten zutage.
Im Protokoll des 8. Niederlausitzer Malertages 1886 wird beispielsweise ebenfalls auf die Gründung der Malerinnung zu Cottbus am 10. Dezember 1885 Bezug genommenen. Sogar die Stimmlisten zur Wahl des Vorstandes sind im Original erhalten.
Carl A. Funk war der erste Vorsitzende der Malerinnung. Er war es auch, der die Malermeister auf die Gefahr hinwies, die bestand, wenn einem Arbeiter ein Unglück passierte, welches als Haftpflichtsfall angesehenen wurde. Er riet zu Versicherungen für den Fall der Fälle. Übrigens belief sich der Versicherungsbeitrag je Kopf im Jahr 1886 auf 3 Mark. Hinweise gibt es außerdem auf die Größe und regionale Zuständigkeit der 1885 gegründeten Innung. Im Statut vom 17. November 1885 heißt es wörtlich: „Die Innung führt den Namen - Malerinnung zu Cottbus -. Ihr Sitz ist Cottbus. Ihr Bezirk umfasst den Bezirk der Gemeinde Cottbus und das platte Land des Kreises Cottbus, mit Ausnahme der Stadt Peitz sowie den Bezirk der Gemeinde Drebkau.”

Zur Zwangsinnung gewandelt

Die Umwandlung der seit 1885 bestehenden, sogenannten „freien Innung” in eine Zwangsinnung ist ebenso erwähnenswert. Ein entsprechender Beschluss wurde auf der außerordentlichen Innungsversammlung am 16. September 1911 gefasst und mit Inkrafttreten des genehmigten Statutes am 15. Oktober 1912 wirksam.
Dass die Bezeichnung „Zwangsinnung” heute abwehrende Distanz verursacht, ist wohl nicht auszuschließen. Doch sie hatte zu diesem Zeitpunkt durchaus ihre Berechtigung. Denn für das Handwerk zeichneten sich um die Jahrhundertwende Krisen im bislang nicht gekannten Ausmaß ab: Das moderne Industriezeitalter hatte begonnen, dem kleine Handwerksbetriebe und deren zersplitterte Organisationsstrukturen kaum noch etwas entgegenzusetzen hatten. Über den Zwang, sich in Innungen zu organisieren, sollten wieder starke und ernstzunehmende Interessengemeinschaften entstehen und wirksam werden. Zahlreiche Akten im Stadtarchiv spiegeln diese komplizierten Zusammenhänge wider.
Umfangreicher Schriftverkehr existiert außerdem zu inhaltlichen als auch organisatorischen Aufgaben der Malerinnung, insbesondere zur Tätigkeit des Innungsschiedsgerichtes. So waren Streitigkeiten wegen offener Beitragszahlungen auf der Tagesordnung. Pfändungen waren keine Seltenheiten. Auch Streitigkeiten aus Lehrverträgen wurden verhandelt. Die Einstellung eines Lehrlings war beispielweise untersagt, wenn es im betreffenden Malerbetrieb keinen Gesellen gab. Oft herrschte nicht einmal Einigkeit darüber, ob ein Handwerker tatsächlich zur Malerzwangsinnung gehörte, wie das folgende Beispiel belegt. Hier richtete die Innung eine Beschwerde an den Magistrat, die zu einem Zwangsverfahren führte – welches allerdings vom beschuldigten Schildermaler nicht kommentarlos hingenommen wurde.

Ende des 20. Jahrhunderts

Wie lange die Malerzwangsinnung tatsächlich existierte, war nicht herauszufinden. Fest steht, dass zu DDR-Zeiten Berufsgruppen existierten und die Innung erst nach der politischen Wende am 2. August 1990 wieder ins Leben gerufen wurde. Gegenwärtig gehören ihr im Spree-Neiße-Kreis sowie Cottbus und Senftenberg knapp 60 Firmen an. Wirklich beachtlich: Derzeit werden fast 400 Auszubildende und Umschüler betreut.

Zum Fahnen-Original von 1895

Maler- und Lackiererinnung Cottbus

Feierliche Anlässe würdig zu begehen, ein starkes Gefühl der Zusammengehörigkeit zu pflegen und das Handwerk in Ehren zu halten, alles das hatte in den vergangenen Jahrhunderten stets eine besondere Bedeutung. Ein Beispiel dafür ist das Jahr 1895. Hier erhielt die Malerinnung eine Aufforderung vom Magistrat, - wie Aufzeichnungen im „Goldenen Buch” der Innung belegen - sich zum 25-jährigen Jubiläum der Schlacht bei Sedan an einem Festumzug zu beteiligen.
Eigens aus diesem Anlass und um dem „Innungszug” ein „festliches Gepräge” zu verleihen, wurde ein „Banner gestiftet” - ein „weißer Stoff höchst geschmackvoll bemalt”. Diese Fahne blieb wie das „Goldene Buch” und verschiedene andere Unterlagen „in einer abgelegenen Gartenvilla von Kriegs- und Nachkriegswirren verschont”.
 

 

Birgit Jaslau